Haushalt 2020
Rede
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren der Gemeindeverwaltung,
werte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates
liebe Bürgerinnen und Bürger,
wir leben in Zeiten des Umbruchs: Viele Dinge, die noch vor einigen Jahren undenkbar schienen, sind Realität geworden. Weltweit haben sich Hunderttausende Schülerinnen und Schüler dem gemeinsamen Protest für einen tiefgreifenden und dringend notwendigen Klimaschutz verschrieben, obwohl zuvor stets von der „unpolitischen Jugend“ gesprochen wurde, für die es keine Realität mehr außerhalb des Smartphones gäbe und die sich nur für sich selbst interessiert. Wir danken ihnen für ihr Engagement, mit dem sie alle eines Besseren belehrt haben!
Neben der sehr schleppend verlaufenden Energiewende kommt auch die Verkehrswende. Die Abkehr vom Individualverkehr hin zu neuen Mobilitätskonzepten ist elementarer Bestandteil des Versuchs, den Klimawandel doch noch aufzuhalten. Dies trifft die Autonation Deutschland mit ihren vielen Zuliefererbetrieben auch bei uns im Filstal besonders hart. Die Beschäftigten bei dieser Entwicklung nicht allein zu lassen, wird eine Herkulesaufgabe in der Bundespolitik der kommenden Jahre sein und erfordert mehr denn je einen verlässlichen und starken Sozialstaat!
Mit der Ermordung des amtierenden Regierungspräsidenten Walter Lübcke und dem Anschlag auf die Synagoge in Halle erreicht der Rechtsterrorismus erneut einen traurigen Höhepunkt seit den NSU-Morden, die dank dem Verfassungsschutz wohl niemals vollständig aufgeklärt werden. Zeitgleich zieht der parlamentarische Arm dieses Neofaschismus in Gestalt der AfD verstärkt in Kommunen und Landtage in der gesamten Bundesrepublik ein. Auch wenn unsere Gemeinde hiervon glücklicherweise verschont geblieben ist, entbindet uns dies nicht von der Pflicht, als Demokratinnen und Demokraten für die Werte des Grundgesetztes einzutreten, sich zu solidarisieren und einen starken Antifaschismus zu bekennen und zu leben. Daher beantragen wir hiermit, dass die Gemeinde Salach Mitglied im Verein Kreis Göppingen nazifrei werden soll, um so die Vernetzung untereinander zu verbessern und ein klares Statement gegen Rechtsextremismus zu setzen.
Die Spaltung unserer Gesellschaft, von der die AfD so sehr profitiert, basiert nicht zuletzt auf der großen sozialen Ungerechtigkeit in diesem Land. Wo die Bundesregierung nicht fähig oder nicht willens ist, eine Umverteilung vorzunehmen, liegt es an uns, den Menschen in unserer Gemeinde, die über kein oder nur ein geringes Einkommen verfügen, unter die Arme zu greifen und ein würdevolles Leben in unserer Mitte zu ermöglichen. Mit der Einführung eines Sozialpasses für Salach sollen die bisher verfügbaren Leistungen gebündelt und um weitere Angebote, wie etwa vergünstigten Zugang zum Schachenmayr Freibad, ergänzt werden. Gleichzeitig schafft dies eine Entlastung der Verwaltung, insofern nicht jeder Antrag einzeln auf Bedürftigkeit geprüft werden muss. Auf Grund der wirtschaftlichen Lage Salachs, und weil wir hier vor allem die Landesregierung in der Pflicht sehen, verzichten wir an diesem Punkt darauf, Anträge auf gebührenfreie Kitas oder eine kostenlose warme Mahlzeit in Kindergärten und Schulen zu stellen. Bildung ist unser wichtigstes Gut und deren Förderung die beste Zukunftssicherung, daher muss eine solche Entwicklung langfristig unser aller Ziel sein. Gerne werden wir in den kommenden Jahren bei veränderterer Lage darauf zurückkommen, doch bis dahin beantragen wir heute eben jene kostenfreien Kitaplätze und kostenlose Schulessen für Familien mit einem solchen zuvor erwähnten Sozialpass.
Während die Nachfrage an bezahlbarem Wohnraum in den letzten Jahren stetig angestiegen ist, was sicher auch auf die Einkommens-, bzw. Armutsentwicklung in Deutschland zurückzuführen ist, wurde der massive Schaden, welcher durch den massenweisen Verkauf von staatlichen Sozialwohnungen an private Investoren angerichtet wurde, nie in ausreichendem Maße korrigiert. Der Wohnungsmarkt bleibt angespannt, die Wohnungsnot nimmt zu – dies spüren wir auch in Salach. Ob zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen, als Heim für Obdachlose oder um schlichtweg entsprechend Wohnraum für Sozialbedürftige vorzuhalten, man versucht notgedrungen ein Loch nach dem anderen zu stopfen, dabei müssen wir endlich entschieden agieren, statt nur zu reagieren: Unsere Gemeinde muss den Bestand an bezahlbarem Wohnraum und Sozialwohnungen dringend aufstocken! Hierbei gilt es einerseits neuen Wohnraum zu schaffen und andererseits bereits bestehenden Wohnraum in den Markt zurückzuführen. Letzteres lässt sich zum Beispiel durch eine Anhebung der Grundsteuer für leerstehende Immobilien bewirken, die Eigentümer*innen dazu ermutigen kann, ihre Objekte wieder auf dem Wohnungsmarkt anzubieten. Der Kauf oder die Anmietung durch die Gemeinde können hier probates Mittel zur Schaffung von günstigem Wohnen sein. In einem ersten Schritt beantragt SÖS im Salacher Gemeinderat neben der Erfassung bestehenden Leerstandes im gesamten Gemeindegebiet daher die Erlassung einer Zweckentfremdungssatzung. Mit dem seit 19. Dezember 2013 gültigen Gesetzt über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum ist es Kommunen möglich, die gewerbliche Zweckentfremdung von Wohnraum, dauerhaften und sachgrundlosen Leerstand sowie die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen effektiv zu unterbinden. Des Weiteren fordern wir die Einführung einer Sozialbauquote von mindestens 20 % für Neubauten zur Realisierung von günstigem Wohnraum. Für bestehende Wohnungen und Häuser soll ein Wohnungsmanagement etabliert werden, um den besseren Austausch von Wohnraum zwischen Menschen verschiedener Altersgruppen entsprechend dem Bedarf in den verschiedenen Lebenslagen zu verbessern. Darüber hinaus ist die Kooperation mit im Kreis ansässigen Genossenschaften zu prüfen. Überfällig ist zudem die Sanierung des Standortes „altes Gaswerk“, welche nun dringend angestoßen werden muss.
Egal ob Wohn- oder Gewerbegebiet, neben den ökologischen Aspekten ist es vor allem der Platzmangel selbst, der Salach’s Flächenverbrauch limitiert. Daher muss bereits jetzt zukunftsweisend auf Verdichtung und Nachverdichtung gesetzt werden. Wir möchten auf das geplante Gewerbegebiet Lautertalstraße zu sprechen kommen. Auch wenn uns die Wichtigkeit der Ansiedlung von Industrie, nicht zuletzt der Arbeitsplätze und Einnahmen wegen, durchaus bewusst und eine Ausweisung eines neuen Gewerbegebietes daher verlockend ist, so sollte der neuen Versiegelung von Flächen stets die Reaktivierung bereits bestehender Grundstücke vorausgehen. Mit dem Antrag zum Gewerbeflächenrecycling soll dies stückweise realisiert werden. Alte Flächen sind zu optimieren und vorrangig wieder zu bebauen. Ansässigen Betrieben soll zudem Beratung zur Flächenoptimierung angeboten werden. Dennoch werden wir sicherlich auf das Gebiet Lautertalstraße zurückgreifen müssen, weshalb uns besonders wichtig ist, dass bei der weiteren Vorgehensweise Umweltverträglichkeit eine zentrale Rolle spielt. Die alte Obstbaumplantage mit den Sträuchern und Hecken ist wohl Heimat für unzählige Tiere und Tierarten. Sie gilt es ebenfalls zu schützen. Ein ausgeklügeltes Verkehrskonzept zur Minimierung der Belastung der Anwohner*innen entlang der Ortsdurchfahrt durch zusätzliche LKW wird vorausgesetzt.
Ein kleines Thema mit großer Wirkung ist definitiv die Verschmutzung durch achtlos, oder auch absichtlich weggeworfenen Müll. Neben der Hartnäckigkeit von Kaugummiresten ist hier vor allem die Zigarettenkippe mit den im Filter verbleibenden Giftstoffen im Fokus. Aber auch „normaler“ Abfall, Plastik- und Papiertüten, gerade im Bereich der Unterführung alte B10 und im Industriegebiet Dugendorf/Im Alber prägen bereichsweise das Bild unserer Gemeinde. Grund hierfür ist einerseits sicherlich auch der sukzessive Rückgang öffentlich aufgestellter Mülleimer und andererseits lascher Bußgelder, sollte es überhaupt zu einer Verhängung selbiger kommen. Daher beantragt SÖS eine Erhöhung der Bußgelder für die unsachgemäße Entsorgung von Müll und die Aufstellung und regelmäßige Leerung von öffentlichen Mülleimern, vor allem in den genannten Problembereichen. Zur Unterstützung des Ordnungsamtes beantragen wir zudem die Schaffung einer weiteren 100%-Stelle. Für Hundebesitzer sollen weitere Hundetoiletten mit Beutelspender aufgestellt werden. Wie bereits in Göppingen geschehen, sollen im Rahmen des Umweltschutzes auch in unserer Gemeinde alle Beutel von Plastik auf Papier umgestellt werden.
Abschließend möchten wir nun noch auf das umfassende Aufgabengebiet Verkehr eingehen und beginnen mit dem Datenverkehr. Die Einführung des Ratsinformationssystems, aber auch die Möglichkeit zur papierlosen Ratsarbeit sind ein gutes Zeichen einer voranschreitenden Digitalisierung und Grundstein künftiger Entwicklungen. Um diesen Prozess noch weiter zu fördern, den Bürger*innen unserer Gemeinde die Arbeit des Gemeinderates näher zu bringen und gleichzeitig die Transparenz zu verbessern, beantragt SÖS hiermit, den öffentlichen Teil der Gemeinderats- und Ausschusssitzungen künftig im Internet live zu übertragen und einen Mitschnitt davon digital abrufbar zu archivieren. Mittel- bis langfristig müssen im 21. Jahrhundert auch viele Wege zum Amt online möglich sein; dies und viele weitere Impulse auf diesem Gebiet erhoffen wir uns durch die Schaffung der Stabsstelle Digitalisierung, die wir ausdrücklich begrüßen.
Während der Datenverkehr gefördert werden muss, bedarf es dringend einiger Änderungen und Einschränkungen im Straßenverkehr. Längst überfällig ist die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30km/h auf den Hauptverkehrswegen Wilhelm-, Haupt- sowie Eislinger und Hohenstraufenstraße in der Nacht zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens, die sowohl den Schadstoffausstoß wie auch die Lärmbelästigung für alle Anwohner*innen in dieser Zeit deutlich reduziert. Nach Ansicht von SÖS muss der Fußgängerverkehr gestärkt und ein sicherer Schulweg gerade auch für unsere Kleinsten garantiert werden. Die wohl meist frequentierten und auch gefährlichsten Zebrastreifen auf dem Weg der Schüler*innen, vor allem jener aus dem Salacher Süden, kreuzen die Wilhelmstraße und sind im Bereich des Rathauses und der NKD-Filiale. Wir beantragen daher eine dauerhafte Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30km/h auf dem gesamten Abschnitt der Wilhelmstraße zwischen der Ampelanlage und einigen hundert Metern nach besagten Zebrastreifen, inklusive einer stationären Radarfalle zur Durchsetzung der Geschwindigkeitsbegrenzung in den kritischen Bereichen. Weiterhin möchten wir die Sicherheit für die Schüler*innen entlang der Staufeneckerstraße im Schulbereich erhöhen. Die Tempo 30 werden hier regelmäßig missachtet, ebenso die Rechts-vor-Links-Regelung bei der Kreuzung Baumgartenstraße. Aus diesem Grund beantragen wir die Anbringung von Bodenschwellen entlang der Staufeneckerstraße vor der besagten Kreuzung auf Höhe der Stauferlandhalle und beim Zebrastreifen im unteren Schulbereich sowie die Aufstellung eines stationären „Blitzers“. Darüber hinaus beantragen wir, den Antrag an die entsprechende Abteilung des Landratsamts Göppingen zu stellen, dass auf der gesamten Landstraße vom Ortsschild beginnend bis zur Burg Staufeneck eine Geschwindigkeitsbegrenzung von maximal 50km/h eingerichtet wird, um so letztlich auch allen Wanderern sowie Radfahrer*innen in diesem Bereich, die eventuell durch fehlende Beschilderung auf der Straße unterwegs sind, ein Mindestmaß an Sicherheit zu bieten.
Meine Damen und Herren, ich komme damit zum Ende und hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Rede Einblick in einige der von SÖS gestellten Anträge und den Überlegungen dahinter geben konnte. Viele unserer insgesamt 32 Anträge sollten mit einem geringen finanziellen Aufwand realisiert werden können und doch, davon sind wir fest überzeugt, eine große Veränderung und spürbare Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger in unserer Gemeinde bewirken.
Das Beste für Salach – dieser Gedanke treibt uns alle hier an, dies ist unser aller gemeinsamer Nenner.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Salach, den 19.11.2019
René Niess (GeR)
Salach Ökologisch Sozial
Salach Ökologisch Sozial
Anträge
(die Reihenfolge der Anträge entspricht nicht der Priorisierung)